Künstliche Intelligenz trifft ILIAS
Ein Themenblock der 24. ILIAS Konferenz stand ganz im Zeichen der generativen KI – von Chatbots bis zur automatischen Kurserstellung: Unter dem Titel „ILIAS meets Generative AI“ präsentierten zahlreiche Beiträge die vielfältigen Einsatzmöglichkeiten großer Sprachmodelle im LMS-Kontext. Gezeigt wurden unterschiedliche technische Ansätze, praxisnahe Anwendungen und konzeptionelle Überlegungen für den Bildungsbereich.
Wege zur KI-Integration in ILIAS
Viele Wege führen nach Rom – drei wesentliche Entwicklungsrichtungen zeichnen sich aktuell bei der Integration von LLMs (Large Language Models) in ILIAS ab. Dr. Christopher Krauss vom Fraunhofer Institut skizzierte sie folgendermaßen:
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Standardisierte Protokolle, die das LLM quasi in ILIAS einbetten
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Plugins zur direkten Nutzung innerhalb von ILIAS
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Middleware-Lösungen zur Anreicherung und Auswertung von Lerninhalten
Auf der Konferenz wurden insbesondere im Bereich der Plugins und der Middleware Weiterentwicklungen vorgestellt.
Direkte KI-Nutzung über Plugins
Plugins ermöglichen die nahtlose Integration von KI-Funktionen wie Chatbots, automatisierte Contenterstellung oder Kurserstellung – direkt in ILIAS. Der Vorteil ist offenkundig: Zur Generierung muss man nicht zwischen Fenstern oder Anwendungen wechseln, wie es bei einer Einbettung mithilfe von Standardisierten Protokollen der Fall wäre. Die generierten Ergebnisse können als ILIAS-Elemente ausgegeben und direkt eingebunden werden – ohne Copy and Paste.
Lösungen und Weiterentwicklungen für diesen Weg präsentierten etwa Stefanie Gerl (Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg), Alexander Killing und Ilias Spirou (beide leifos GmbH) für die FAU sowie Jesús Copado Mejías und Daniel Cazalla vom ILIAS-Serviceprovider SURLABS.
Externe All-in-One-KI-Lösungen via LTI (Learning Tools Interoperability)
Einen anderen Ansatz stellten Philippe und Isabelle Decottignies (NOLEJ) vor. Nolej ist ein KI-gestütztes Autorentool, mit dem Texte, Audio und Video in interaktive Lernaktivitäten verwandelt werden können. Die Grundlage für den Ansatz von Nolej bildet eine Erkenntnis aus der Kognitionsforschung: Lernen darf nämlich Spaß machen! Der Fokus liegt auf abwechslungsreichem, motivierendem und interaktivem Lernen. Der Lösungsansatz hier: KI-gestützte Erstellung von interaktiven H5P-Aktivitäten als zentrale Lerngegenstände bis hin zum kompletten E-Learningkurs.
Wichtig dabei: Die Inhalte werden mithilfe von Retrieval-Augmented Generation (RAG) (siehe auch weiter unten im Beitrag) erstellt. Dabei greift das System auf kuratierte und verlässliche Quellen zurück, die die Lehrenden dem LLM zur Verfügung stellen. Dadurch wird sichergestellt, dass die generierten Inhalte eine hohe fachliche Korrektheit aufweisen und vertrauenswürdig sind.
Umfassender als die Plugin-Integration wird der Ansatz von Nolej durch eine LTI-Anbindung. Damit wird eine Integration in die jeweilige Systemlandschaft möglich sowie die Anbindung weiterer Services und Learning Tools.
Der „Common Learning Middleware (CLM)“-Ansatz
Christopher Krauss vom Fraunhofer Institut für Offene Kommunikationssysteme (FOKUS) stellte einen dritten Weg zur Integration von KI in ILIAS vor: die sogenannte Common Learning Middleware (CLM). Diese fungiert als zentrale Schnittstelle zwischen ILIAS und externen Systemen. Das LMS wird dabei nicht direkt verändert, sondern „angezapft“ – Inhalte werden KI-gestützt neu aufbereitet, analysiert und individualisiert dargestellt. So können verschiedenste Datenquellen, Werkzeuge und Agenten eingebunden werden – sternförmig vernetzt über die Middleware. Da ILIAS in diesem Fall „nur“ angezapft wird, ist das Problem der unterschiedlichen Versionierung mit diesem Ansatz gelöst.
Neben der Optimierung von Lerninhalten können auch Analyse-, Evaluations- und Generierungsfunktionen realisiert werden – etwa für Learning Analytics, individualisierte Lernempfehlungen, zielgerichtete Lernbegleitung oder sogar die automatische Erstellung neuer Inhalte.
Anhand eines Praxisbeispiels, einer Studie zur KI-Unterstützung für Lernmanagementsysteme (2020-2025), zeigte Christopher Krauss, welche Möglichkeiten sich durch diese tiefe Integration und die Verknüpfung von Daten für die Lernenden aber auch für die Lehre und die Lehrenden bieten: von der dynamischen Komposition der Lerninhalte über den Kompetenzvergleich zwischen den Ebenen der Selbst-, Trainer- und KI-Einschätzung sowie dem Abgleich mit den zu erreichenden Kurszielen bis hin zur Lernwegbegleitung durch Chatbots sind Integrationen möglich.
Ausblick: Neue Konzepte mithilfe von Agenten
In einem kurzen technischen Exkurs zeigte Christoher Krauss, dass die Möglichkeiten künstlicher Intelligenz im Bildungskontext längst nicht ausgeschöpft sind. Der nächste Entwicklungsschritt führt zu sogenannten KI-Agenten – Systemen, die verschiedene LLMs, Tools und Datenquellen intelligent miteinander verknüpfen. Das Prinzip dahinter ist einfach, aber wirkungsvoll: Ein Agent kombiniert ein Sprachmodell mit einem konkreten Tool und einer klaren Instruktion. Oder wie Krauss es treffend formulierte: „Ein Tool plus ein LLM plus eine Instruktion – das nennt man heute Agenten.“
Diese Agenten-Systeme können eigenständig Informationen abrufen, Tools ansteuern, sich gegenseitig aufrufen und damit komplexe Aufgaben lösen – effizient, kontextbewusst und zunehmend individuell. Gerade im Lehr-Lern-Kontext eröffnen sie neue Perspektiven und können zu mächtigen Assistenzsystemen werden.