Lernplattformen wie Moodle und ILIAS sind fester Bestandteil der Hochschullehre – doch oft fehlt es an Funktionen, die auf unterschiedliche Lernstände oder -wege eingehen. Adaptives Lernen, also die Anpassung von Inhalten an den individuellen Lernfortschritt, kann hier neue Wege eröffnen.
Das Projekt MIau.nrw (Moodle & ILIAS adaptive usable) entwickelt hierzu konkrete, niedrigschwellige Lösungen, um adaptive Lernprozesse in ILIAS und Moodle systematisch zu verankern – lokal wie hochschulübergreifend. In diesem Beitrag stellen wir MIau.nrw genauer vor.

MIau.nrw ist ein gemeinsames Projekt der Kompetenzzentren Moodle.NRW und ILIAS.nrw, getragen von der Ruhr-Universität Bochum (Konsortialführung), der Fachhochschule Dortmund und der Hochschule Bielefeld. Ziel ist es, Hochschulen in NRW dabei zu unterstützen, adaptive Lehr- und Lernformate leichter umzusetzen.

Im Fokus steht dabei: Lehrende sollen auch ohne umfassendes technisches Vorwissen in der Lage sein, individuelle Lernpfade für ihre Studierenden zu gestalten – schnell, einfach und mit geringem Aufwand. Dafür entwickelt das Projekt konkrete Hilfestellungen und Vorschläge, wie die Lernplattformen ILIAS und Moodle funktional erweitert und verbessert werden können.

Heterogenität & Komplexität

Schon in der Anfangsphase des Projekts MIau.nrw wurde schnell deutlich: Adaptives Lernen ist ein anspruchsvolles Thema, das sich nicht leicht in ein einheitliches Konzept fassen lässt. Die Heterogenität der Hochschulen in NRW, ihre technischen Voraussetzungen und individuellen didaktischen Anforderungen sind eine Herausforderung, die eine pauschale Lösung unmöglich machen.

Deshalb setzt MIau.nrw auf einen modularen Ansatz: Die Grundlagen der Adaptivität werden kompakt und leicht zugänglich aufbereitet – eingebettet in einen mediendidaktischen Rahmen, der sich flexibel an unterschiedliche Szenarien anpassen lässt. Modulare und aufeinander aufbauende Kursvorlagen, Beispielkurse und multimediale Hilfsmaterialien sollen Lehrende dabei unterstützen, Schritt für Schritt eigene adaptive Lernangebote zu entwickeln und nachhaltig weiterzuentwickeln.

Kursvorlagen & Anschauungskurse

Adaptives Lernen in die Praxis zu überführen, ist kein leichtes Unterfangen – vor allem, wenn man ein Einstiegsszenario sucht, das sowohl den Zugang erleichtert als auch eine direkte Umsetzung ermöglicht. Im Projekt MIau.nrw wurde daher ein gestaffelter Ansatz gewählt: Statt einer Einheitslösung wurden drei adaptive Kursszenarien mit steigender Komplexität entwickelt – als Vorlagen und direkt erlebbare Anschauungskurse für Moodle und ILIAS.

• Basis-Szenario: Ein niedrigschwelliger Einstieg mit grundlegenden adaptiven Elementen

• Erweitertes Szenario: Ergänzt durch alternative Lernpfade für differenzierte Lernerfahrungen

• Kompass-Modell: Ein fortgeschrittenes Selbstlernangebot mit einem initialen Kompetenztest für komplexere Vorhaben mit freier Lernweggestaltung. Je nach Ergebnis werden personalisierte Empfehlungen zu Kompetenzbereichen gegeben.

Die Kurse kombinieren Hilfsmaterialien und Vorlagen für Moodle und ILIAS und bieten einen flexiblen Ansatz, um Lehrende für adaptives Kursdesign zu begeistern. Sie enthalten Best Practices adaptiver Lehr-Lernangebote und zeigen gleichzeitig auf, wie die Verzweigungslogik oder bedingende Abhängigkeiten in individuellen Lernwegen funktionieren können. Lehrende erhalten eine fundierte Grundlage, um eigene adaptive Szenarien zu entwickeln – ohne umfangreiche Vorkenntnisse.

Ziel ist es, deutlich zu machen: Es gibt nicht den einen richtigen Weg zur Adaptivität. Die Wahl der passenden Umsetzung hängt ab von der persönlichen didaktischen Präferenz, den gegebenen LMS-Konfigurationen und der jeweiligen IT-Infrastruktur an den Hochschulen.

Die ersten positiven Rückmeldungen von Lehrenden aus der Praxis bestätigen: Der duale Ansatz – Wissensressource und direkt nutzbare Vorlage – trifft nachhaltig den Bedarf der Lehrenden und motiviert zur Erprobung adaptiver Formate.

Ein wichtiges Zwischenfazit aus der bisherigen Arbeit lautet: Mit wachsender didaktischer Komplexität steigt auch der technische Aufwand bei der Umsetzung und Konfiguration im Lernmanagementsystem. Damit adaptive Szenarien effizient realisierbar bleiben, braucht es einen klugen Umgang mit Funktionen wie Kompetenzabfragen (Tests), Verzweigungslogik oder Fragenpools. Gerade letztere machen bei häufigem Einsatz – wie im Kompass-Modell – einen spürbaren Unterschied im administrativen Aufwand.

Didaktik und Technik auf einen Blick

Die Idee zur Toolbox Adaptive Lehre entstand durch die inspirierende Begegnung mit der bereits etablierten Toolbox Digitale Barrierefreiheit der ILIAS Community. Der Grundgedanke: Eine zentrale Sammlung von Wissen, Materialien, Beispielen und Kontakten, die Lehrenden den Einstieg in die adaptive Lehre erleichtert und gleichzeitig als Nachschlagewerk im Alltag dient.

Schnell wurde klar: Ein solches Vorhaben ist ambitioniert. Denn Adaptivität ist ein vielschichtiges Thema – didaktisch wie technisch. Ziel war daher nicht, jedes Detail abzubilden, sondern ein Format zu entwickeln, das niedrigschwellig zum Einstieg motiviert, Orientierung bietet und zugleich vertiefende Informationen bereithält.

Aktuell befinden sich die Themenblöcke in der Finalisierung, sind aber bereits online einsehbar. Bis zum Projektende von MIau.nrw wird die Toolbox kontinuierlich erweitert und überarbeitet. Einen ersten Einblick gibt es schon jetzt:

In Kürze folgen weitere Inhalte – unter anderem eine Gestaltungsempfehlung für adaptives Kursdesign, die im Rahmen einer projektübergreifenden Arbeitsgruppe entstanden ist. Die Toolbox soll so zu einem lebendigen und praxisnahen Begleiter für Lehrende werden, die sich mit adaptiven Lehr-Lern-Formaten beschäftigen oder diese selbst umsetzen möchten.

Entwicklung für mehr Flexibilität

Aktuell bewegt sich viel in der ILIAS-Entwicklung: Die Community arbeitet nicht nur an einer grundlegenden Modernisierung der Systemarchitektur und der Einführung zukunftsfähiger Technologien, sondern treibt auch funktionale Neuerungen aktiv voran. Auch aus didaktischer Sicht gibt es spannende Fortschritte: Dank Unterstützung durch ILIAS.nrw wurde die Entwicklung sogenannter prozentualer Bestehensgrenzen im ILIAS-Test angestoßen. Diese Neuerung erweitert die bislang eher starre binäre Verzweigungslogik im Test (bestanden/nicht bestanden) und schafft mehr Flexibilität für adaptive Lernpfade.

Zudem hat MIau.nrw weitere Entwicklungspotenziale identifiziert, die langfristig zur Stärkung adaptiver Lehrszenarien in ILIAS beitragen könnten. Eine Übersicht dieser Vorschläge befindet sich in der Toolbox Adaptive Lehre im Bereich “ILIAS Development”.

Adaptives Lernen bietet großes Potenzial – und lebt vom Austausch. Wenn Sie Interesse am Thema haben, Ideen, Wünsche oder Herausforderungen mit uns teilen möchten, kommen Sie gerne auf uns zu. Wir freuen uns über Feedback, Erfahrungsberichte oder Kooperationsanfragen.

Gemeinsam wollen wir adaptive Lehre in NRW weiterdenken – und konkret umsetzbar machen.

Headerbild von: ILIAS Kompetenzzentrum, Wortmarke und Katze von: MIau.nrw
Grafiken von: MIau.nrw